
Definition: Sonatenhaupsatzform – Was ist das?
Die Sonatenhauptsatzform (auch: Sonatensatzform oder Sonatenform) ist ein Modell der musikalischen Formenlehre, das meist den Aufbau des ersten Satzes von Sonaten, Sinfonien, Solokonzerten oder Ouvertüren beschreibt. Der Aufbau wurde überwiegend während der Wiener Klassik und Romantik verwendet.
Die Sonatenhauptsatzform besteht aus drei großen Abschnitten: Exposition, Durchführung und Reprise. Dort werden verschiedene Themen eingeführt und verarbeitet. Daher ist die motivisch-thematische Arbeit als Kompositionsprinzip ein fester Bestandteil in diesem Modell.
Schauen wir uns den Aufbau der Sonatenhauptsatzform etwas genauer an. Wichtig zu wissen ist, dass der Begriff und das Modell der Sonatenhauptsatzform erst lang nach der eigentlichen Verwendung entwickelt wurden. Daher gibt es in der Musik des 18. und 19. Jahrhunderts auch viele Abweichungen von der hier vorgestellten Form. Allerdings lassen sich in den meisten Werken die drei Teile und auch viele ihrer „typischen“ Eigenschaften wiederfinden. Schauen wir uns diese Eigenschaften nun im Detail an einem Beispiel an: Haydns Klaviersonate Nr. 7 in D-Dur.
Exposition
Die Exposition dient als Einleitung in das Werk. Hier werden mehrere Themen vorgestellt. Dabei lässt sich die Exposition in weitere Abschnitte unterteilen: Hauptsatz, Überleitung, Seitensatz, Schlussgruppe und manchmal auch eine Coda.
Hauptsatz
Im Hauptsatz wird das erste Thema des Werks (Hauptthema) vorgestellt. Dieses ist meist 8 oder 16 Takte lang und ist in der Grundtonart notiert (hier: D-Dur). In der Klassik besitzt der Hauptsatz oft die Form einer klassischen Periode, die nach der Hälfte auf einem Halbschluss und zum Schluss auf einem Ganzschluss endet. So ist es auch in der Haydnsonate. Das Thema ist sehr präsent, heiter und bewegt.

Überleitung
Nach dem Ganzschluss im Hauptsatz beginnt direkt die Überleitung. Hier wird durch virtuose Rhythmen, schnelle Tonleiterbewegungen oder auch Quintfallsequenzen das Können des Musikers unter Beweis gestellt. Ziel ist dabei die Modulation in die Dominanttonart (wenn die Grundtonart Dur ist) oder in die Tonikaparallele (wenn die Grundtonart Moll ist). Die Dominanttonart ist in Haydns Sonate A-Dur und wird durch einen Ganzschluss in dieser neuen Tonart bekräftigt.

Seitensatz
Der Seitensatz in der Dominanttonart (bzw. Tonikaparallele) beginnt direkt mit dem zweiten Thema des Werks (Seitenthema), das meist im Kontrast zum Hauptthema steht. Häufig unterschieden sich die Themen in ihrer Dynamik und/oder Artikulation.

Schlussgruppe
Die Schlussgruppe läutet das Ende der Exposition ein und steht immer noch in der Tonart des Seitensatzes. Der Beginn der Schlussgruppe wird zum Beispiel durch eine vorhergehende Fermate, eine Pause oder durch ein Wiederkehren des Hauptthema deutlich. So ist es zum Beispiel in Haydns Sonate, in der die ersten Noten eine Anspielung auf das Hauptthema darstellen. Zum Ende wird hier noch einmal mit viel Virtuosität und schnellen Läufen die Exposition beendet. Allerdings gibt es in manchen Sonaten auch eine sogenannte Coda.

Coda
Die Coda ist eine Art Nachtrag, der an die Schlussgruppe angehängt wird. Woher weiß man, dass es sich um eine Coda handelt? Das ist nicht immer ganz so einfach zu sagen, aber eine ungefähre Definition könnte lauten: „Die Coda beginnt da, wo die Exposition vermeintlich zu Ende ist.“ Das siehst und hörst du zum Beispiel in dieser Sonate sehr gut. Im Übergang von Schlussgruppe zu Coda erkennt man nach den unzähligen, schnellen Läufen einen klaren Ganzschluss (D -> T). Würde man dort enden, würde sich kein Zuhörer wundern oder sich überrascht fühlen, da die Stelle wie ein festes Ende klingt. Stattdessen wird aber in der Coda ein kleiner musikalischer Gedanke mit Teilen des Seitenthemas fortgeführt und endet schließlich mit einer dreifachen Tonika, die das Ende nun sehr stark bekräftigt.

Durchführung
In der Durchführung werden die Themen der Exposition verarbeitet. Sie werden verändert und miteinander kombiniert, sodass neue Ideen in der Durchführung entstehen. In diesem Zusammenhang spricht man häufig von motivisch-thematischer Arbeit. Was das ist, erfährst du in unserem Musiktheoriekurs.
Bei diesen Entwicklungen der Themen entfernt man sich von der Grundtonart und moduliert in entfernte Tonarten, die im Quintenzirkel weit voneinander entfernt sind. Die Form der Durchführung ist sehr frei und es gibt hier anders als in der Exposition keinen festen Aufbau oder Ablauf, sodass die Komponisten sich in diesem Teil sehr frei ausleben konnten.
Am Ende der Durchführung folgt eine Überleitung und Modulation in die Reprise, die das Hauptthema wieder in der Grundtonart aufgreift.
Resprise
Die Resprise („Wiederaufnahme“) in der Sonatenhauptsatzform beginnt mit dem Erklingen des Hauptthemas in der Grundtonart. Sie ist eine leicht abgewandelte Wiederholung der Exposition. Daher werden auch hier wieder Haupt- und Seitenthema vorgestellt. Allerdings erklingt das Seitenthema hier wie das Hauptthema in der Grundtonart des Stücks. Weitere Änderungen finden sich nun meist in den Überleitungen, die nun keine großen Modulationen mehr durchführen, da alle Teile der Reprise in der Grundtonart notiert sind. Schließlich endet das Stück mit der Schlussgruppe bzw. optional einer Coda in der Grundtonart.
Zusammenfassung der Sonatenhaupsatzform
Fassen wir die drei Teile der Sonatenhauptsatzform und ihre Eigenschaften noch einmal kurz in einer Übersicht zusammen:
Exposition | Durchführung | Reprise |
---|---|---|
– Hauptsatz in Grundtonart | – Modulation in entfernte Tonarten | – Hauptsatz in Grundtonart |
– Seitensatz in Dominante oder Tonikaparallele | – oft Sequenzen, Chromatik, Dissonanzen | – Seitensatz in Grundtonart |
– Vorstellung von Haupt- und Seitenthema | – Verarbeitung der Themen der Exposition | – Wiederkehr der ursprünglichen Themen (meist leicht variiert) |
– oft ausgewogene Instrumentation | – wechselnde Klangfarben, dramatische Steigerungen | – Rückkehr zur ausgewogenen Orchestrierung |
– Vorstellung der musikalischen Ideen | – Spannung, Konflikt, Entwicklung | – Rückkehr und Bestätigung der Haupttonart |
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